Prof. Udo Scheel über Rainer Bauer

Rainer Bauer

In Rainer Bauers Bildern gibt der Boden nach, mutieren benachbarte Parkanlagen zu subtropischen Regenwäldern, führt schwankendes Rohr im Spiegel von Brackwasser zittrige Tänze auf. Vor schwirrenden Leuchtspuren, phosphorisierendem Glimmen verflachen Gewächse, Bäume, Inseln, Gebilde zu dunklen, körperlosen Silhouetten. Rainer Bauer folgt den Schatten, den Spuren, den Spiegelungen und Reflexen, dem Glimmen und Glitzern - dem Auftauchen und Verschwinden von Erscheinungen.

 

 

Nichts ist lokalisierbar, nichts vermessen oder von einem Standort aus fixiert, eher - so scheint es - zwischen Schlafen und Wachen im lautlosen Gleitflug erlebt. Es ist die Straße vor der Tür, der Park nebenan, menschenleer. Seinen Wahrnehmungen gehen immer Bilder voraus. "Schließe Dein leibliches Auge, damit Du mit dem geistigen Auge zuerst siehest Dein Bild. Dann fördere zutage, was Du im Dunkeln gesehen, dass es rückwirke auf andere von außen nach innen". Die allbekannte C.D. Friedrich Empfehlung trifft auf Rainer Bauer zu. Und um gleich mit Goethe fortzufahren:
"Den Stoff sieht jedermann vor sich    ,
die Form ist ein Geheimnis den meisten".
Nicht Konstruktion und Perspektive, sondern Überlagerung und Verschmelzung von Bildebenen ist das Bauprinzip dieser Bilder. Analog zur Musik erleben wir die Exposition und Durchführung eines Themas: Variationen, Sequenzen, Kontrapunkte, Melodiebögen, Leitmotive. Was immer wir auf seinen Bildern wieder erkennen, ist Teil einer sich selbst genügenden Bildpartitur, eines bildimmanenten Systems. Dies ist die eigentliche Leistung Rainer Bauers: Sein Thema zu malerischer Komplexität zu entfalten und im Zusammenklang zur Einheit zu verbinden. Spannung - Entspannung, Aufbau -Destruktion, Figuration - skripturale Kürzel und freie Rhythmisierung der Bildfläche.
Die eigentümliche Atmosphäre dieser Bilder: das im Diffusen geisternde Licht, das Neon-Ballett auf regenfeuchtem Asphalt, das unwirkliche Tiefblau der frühen Morgenstunde, gibt es nur bei Rainer Bauer. Diese eindringliche Wirkung ist die Folge eines langwierigen und skrupelösen Malprozesses, in dem Form- und Farbentscheidungen nach den strengen Gesetzen des Bildes, der Malerei getroffen werden.

Prof. Udo Scheel